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Nun sind bereits über fünf Jahre ins Land gezogen, seit unserer Veranstaltung "Schicksalsgemeinschaft – Europas Zukunft 100 Jahre nach dem ersten Weltkriegsende" 2018 in Wermsdorf und Leipzig. Damals haben wir viele der Fragen diskutiert, die uns heute noch sehr viel drängender beschäftigen.

Bis heute wird die Dokumentation unserer Veranstaltung mit ungebrochener Tendenz aufgerufen: die Videos der zeitgeschichtlichen Erinnerungen von Walburga Gräfin Douglas und Konrad Adenauer, die historischen Analysen der Herren Professores Dr. Sir Christopher Clark, Dr. Sönke Neitzel und Dr. Herfried Münkler sowie die durch Andreas Platthaus so fachkundig moderierte Podiumsdiskussion wurden in den vergangenen fünf Jahren über 150.000 Mal abgerufen.

Die vergangenen zwölf Monate haben unsere an Herausforderungen bereits überreiche Zeit noch herausfordernder gemacht. Musste die freie Welt in 2022 mit dem russischen Angriffskrieg in der Ukraine auf das brutale Vorgehen eines kriegerischen Aggressors auf dem europäischen Kontinent reagieren, war es am 7. Oktober 2023 ein an Gewalttätigkeit und Heimtücke kaum zu überbietender Terrorakt der Hamas gegen israelische Zivilisten, der uns, eingedenk des Leids der Zivilbevölkerung auf beiden Seiten, erneut Haltung und Reaktion abverlangt. Wir Deutsche, die wir durch unsere Geschichte in besonderer Verantwortung dem Existenzrecht Israels verpflichtet sind, wurden praktisch über Nacht mit der bisher eher theoretischen Frage konfrontiert, welche Wirkmacht, Erwartungen und Konsequenzen ein Begriff wie "Staatsräson" entfalten kann. Fragen über Fragen.

Sind wir mit Russland im Krieg, wie sich Außenministerin Annalena Baerbock "versprochen" hat? Können wir Israel bedingungslos unterstützen und zugleich ein Lebensrecht für palästinensische Zivilisten einfordern? Wie sollten wir als Europäer gemeinsam auf diese Konfliktlagen reagieren? Wie gehen wir mit künftigen, langsam heiß laufenden Konflikten - etwa zwischen den USA und China - um? Wollen wir überhaupt gemeinsam reagieren? Ziehen wir uns in Europa nicht längst wieder auf unsere jeweiligen nationalstaatlichen Positionen zurück? Driften wir nicht auseinander aus profanen wirtschaftlichen oder kurzfristigen innenpolitischen Erwägungen? "Schlafwandelt" Europa erneut? Was heißt dies alles für unsere eigene deutsche Positionierung, für unser eigenes politisches Handeln?

Dass es sich bei den Zugriffen auf unsere Internet-Seiten zur Veranstaltung "Schicksalsgemeinschaft" nicht um "Zufallsclicks" handelt, lässt die gesamte Sehdauer der Videos von über 2,6 Millionen Minuten oder auch über 1.800 Tage vermuten: im Durchschnitt sah fünf Jahre lang täglich und rund um die Uhr irgendjemand auf der Welt eines dieser Videos. Auch zahllose Kommentare belegen, dass sich die Nutzer mit den angesprochenen Themen auseinandersetzen: "Ich bin Teil der jungen Generation und fand die Podiumsdiskussion unglaublich interessant", heißt es etwa. Oder: "Vielleicht wäre es Zeit für eine europäische Armee statt einzelner Armeen der europäischen Länder?" Oder: "Die Frage ‚wozu Streitkräfte‘ ist ja mittlerweile (2023) neu beantwortet worden".

Ablesbar ist, dass die Inhalte gerade aufgrund der aktuellen Lage die Menschen bewegen: allein das Video der Podiumsdiskussion wurde zwischen Mai und September des vergangenen Jahres über 10.500 Mal, also über 1.750 Mal pro Monat angeschaut - wir haben demzufolge ein wesentlich größeres "Publikum" erreicht, als es die Präsenzveranstaltung 2018 zuließ. In der realistischen Gewissheit, dass unsere Dokumentation statistisch gesehen nur einen kleinen Nutzerkreis erreicht, zeigen die Zugriffe doch, was die Menschen in wachsendem Maße umtreibt. Das ist gut so und es ist notwendig. Carl-Oskar Bohlin, der schwedische Minister für Zivilschutz, brachte es auf einer Sicherheitskonferenz vor wenigen Tagen auf den Punkt: "Jeder muss verstehen, dass Zeit in der Situation, in der wir uns befinden, unsere wertvollste nicht erneuerbare Ressource sein kann." Denn: "Untätigkeit ist kein zulässiger Modus Operandi." (Die bemerkenswerte Rede: siehe Link unten). Die Zeiten des "Pfeifens im Walde" sind endgültig vorbei.

Die noch vor wenigen Jahren undenkbare Vorstellung eines Krieges vor unserer Haustür ist bittere Realität geworden. Die Menschen begreifen, dass wir in der fatalen Selbsttäuschung, der ewige Frieden sei ausgebrochen, unsere Verteidigungsfähigkeit und unseren Zivilschutz im Kriegsfall sträflich vernachlässigt haben. Um ein bekanntes Bild zu bemühen: wir haben die Feuerwehr abgeschafft, weil es schon seit langem nicht mehr gebrannt hat. Nun müssen diese Versäumnisse schnellstens behoben werden und das mit einem administrativen Apparat, der sich mit seiner Schwerfälligkeit selbst im Wege steht. Mit den in diesem Jahr anstehenden US-Wahlen könnte sich die Lage weiter zuspitzen. Dann nämlich, wenn die USA ihr Engagement in und für Europa dem Engagement der Europäer selbst anpassen.

Prof. Dr. Sir Christopher Clark hatte in seiner Keynote zur Veranstaltung 2018 verdeutlicht: "Wer sich mit der Geschichte beschäftigt, kann gefährliche Zwangssituationen rechtzeitig erkennen oder ihnen sogar entkommen." Möge Ihnen und Ihren Familien, möge uns allen die Vision zur Realität werden, wie sie auf der an der Fassade der Villa Ida, dem Sitz der Leipziger Sparkassenstiftungen, angebrachten Bronzetafel zur Erinnerung an den 200. Jahrestag der Völkerschlacht von den Nachkommen der Entscheidungsträger 1813 im "Kommuniqué der Fürstenhäuser" formuliert wurde: "Wir wünschten, dass Entscheidungsträger in Politik und Gesellschaft, in Wirtschaft und Medien ihr Handeln … darauf ausrichteten, das gemeinsame Haus Europa in seinem Umfeld zu befrieden und in seinen Fundamenten zu stärken." (Der gesamte Text: siehe Link unten).

Link zur Rede des schwedischen Ministers für Zivilschutz, Carl-Oskar Bohlin

Link zum Abschlusskommuniqué der Fürstenhäuser zur Gedenkveranstaltung anlässlich des 200. Jahrestages der Völkerschlacht bei Leipzig