"Preis für die Freiheit und Zukunft der Medien" 2014 an Kämpfer für eine pluralistische Öffentlichkeit gestern und heute

Leipzig, den 24. Juli 2014. Vier Akteure der Friedlichen Revolution 1989 sowie eine afghanische Journalistin werden 2014 mit dem Leipziger "Preis für die Freiheit und Zukunft der Medien" geehrt. Aram Radomski, Siegbert Schefke, Roland Jahn und Christoph Wonneberger werden für ihren Kampf um die Presse- und Meinungsfreiheit in der ehemaligen DDR ausgezeichnet, die Journalistin Farida Nekzad für ihr Bemühen um eine pluralistische Öffentlichkeit in Afghanistan. Mit dem Preis würdigt die Medienstiftung der Sparkasse Leipzig fünf Persönlichkeiten, die sich auf unterschiedliche Weise, doch immer mit großem Einsatz und unter Bedrohung ihrer persönlichen Unversehrtheit um eine unabhängige Berichterstattung bemüht haben bzw. noch heute bemühen. Der Preis ist mit insgesamt 30.000 Euro dotiert und geht je zur Hälfte an Farida Nekzad und an die Gruppe Radomski, Schefke, Jahn und Wonneberger. Die Preisverleihung findet am 8. Oktober 2014 in Leipzig statt.

"Farida Nekzad führt ihren Kampf um die Pressefreiheit in Afghanistan. Seit vielen Jahren, doch insbesondere auch in den vergangenen Monaten im Vorfeld der Präsidentschaftswahlen in Afghanistan, verleiht sie der afghanischen Öffentlichkeit und vor allem den afghanischen Frauen mit ihrer Berichterstattung und ihrer institutionellen Arbeit beispielsweise bei der Gründung einer unabhängigen Nachrichtenagentur eine Stimme und nimmt dabei Angriffe, die bis zu Morddrohungen reichen, in Kauf, obwohl ihr mehrfach die Ausreise aus ihrem Heimatland angeboten wurde", begründet Stephan Seeger, Geschäftsführender Vorstand der Medienstiftung, die Auswahl der Jury.

"Der 25. Jahrestag der Friedlichen Revolution von 1989, die - von Leipzig ausgehend - zu gravierenden Umwälzungen nicht nur in Deutschland, sondern in ganz Europa geführt hat, veranlasste die Jury, vier Akteure der damaligen Ereignisse als Gruppe stellvertretend für die zig-tausend Demonstranten mit dem Leipziger Medienpreis zu ehren. Die Forderung nach einer unabhängigen Berichterstattung, nach Meinungs- und Pressefreiheit gehörte zu den Kernforderungen der Bürgerrechtler und Demonstranten auf den Leipziger Montagsdemonstrationen. Aram Radomski, Siegbert Schefke, Roland Jahn und Christoph Wonneberger haben diese Forderungen mit formuliert und ihnen mit Mut und Klugheit unter hohen Risiken Publizität verschafft. Sie trugen damit zu einer Gegenöffentlichkeit in der damaligen DDR bei, die das Meinungsmonopol der SED unterlief", so Seeger weiter.

Zu den Preisträgern:

Die afghanische Journalistin Farida Nekzad gehört zu den renommiertesten Journalisten ihres Heimatlandes. 2002 aus dem Exil in Pakistan und von einem Kurzstudium in Indien in ihr Heimatland zurückgekehrt, war sie zwischen 2004 und 2009 als Nachrichtendirektorin und Chefredakteurin der unabhängigen und größten afghanischen Nachrichtenagentur "Pajhwok News" tätig. Anschließend wurde sie Chefredakteurin der "Wakht News Agency", die sich insbesondere der Berichterstattung über Frauen und Frauenrechte in Afghanistan verschrieben hat. Bis Juni 2014 war Sie gewähltes Mitglied und Leiterin der "Media Commission" innerhalb der afghanischen "Independent Election Commission", die im Umfeld der afghanischen Wahlen 2014 eine ausgewogene mediale Präsenz der zur Wahl stehenden Parteien gewährleisten sollte.

Farida Nekzad schulte junge Journalistinnen in Afghanistan und ist darüber hinaus als ehrenamtliches Vorstandsmitglied in der länderübergreifenden Organisation "South Asian Women in Media" aktiv. Ihr Engagement und ihre journalistische Tätigkeit machte sie zu einer vielbeachteten Stimme im Kampf um Frauenrechte und um Pressefreiheit - und in der Vergangenheit zur Zielscheibe von mehrfachen Morddrohungen, einem Bombenattentat und einer versuchten Entführung. Farida Nekzad hält sich zurzeit als Gast der "Hamburger Stiftung für politisch Verfolgte" (www.hamburger-stiftung.de) in Deutschland auf.

Aram Radomski, Siegbert Schefke, Roland Jahn und Christoph Wonneberger sind Akteure der Friedlichen Revolution 1989 in der ehemaligen DDR sowie der oppositionellen Bewegung in deren Vorfeld. Christoph Wonneberger, zwischen 1977 und 1984 evangelisch-lutherischer Pfarrer in Dresden, ab 1985 in Leipzig, koordinierte seit 1986 die montäglichen Friedensgebete in der Nikolaikirche und wirkte an der Arbeit oppositioneller Arbeitsgruppen aus der Kirche heraus mit. 1989 unterhielt er ein "Demo-Telefon", mit dem westliche Journalisten über die Ereignisse in Leipzig informiert wurden. Am Abend des 9. Oktober 1989 gab Wonneberger in einer Live-Schaltung ein Interview in den ARD-tagesthemen und berichtete der Weltöffentlichkeit von der friedlichen Demonstration in Leipzig mit ca. 70.000 Teilnehmern.

Roland Jahn wurde wegen seiner Kritik an der Biermann-Ausbürgerung 1977 von der Uni exmatrikuliert. Er gehörte zu den Mitgründern des Friedenskreises Jena und wurde u. a. wegen seines Eintretens für Meinungsfreiheit politisch verfolgt. 1982 wurde er in Untersuchungshaft genommen, verurteilt und nach Protesten im Westen vorzeitig freigelassen. Im Juni 1983 wurde er dann gegen seinen Willen aus der DDR geworfen. Von West-Berlin aus unterstützte er die DDR-Opposition finanziell und logistisch, beispielsweise mit der Beschaffung von Druckmaschinen und Videokameras. Als Journalist produzierte er für die ARD zahlreiche Beiträge zur DDR-Opposition, zur Verletzung der Menschenrechte und zur Umweltverschmutzung und trug damit wesentlich zur Schaffung einer Gegenöffentlichkeit bei. Seit März 2011 ist Roland Jahn Bundesbeauftragter der Stasi-Unterlagen-Behörde.

Siegbert Schefke gehörte zu den Mitbegründern der Berliner "Umwelt-Bibliothek", wo er Aram Radomski kennenlernte. Gemeinsam arbeiteten sie freiberuflich für verschiedene westdeutsche Medien und dokumentierten insbesondere den Verfall historischer Altstädte, die Umweltzerstörung in der DDR sowie die aufkeimende Oppositionsbewegung. Mit einer von Roland Jahn beschafften Kamera filmten sie vom Turm der Reformierten Kirche am "Leipziger Ring" aus die Montagsdemonstration am 9. Oktober 1989. Ihr bedeutsames Material veröffentlichten westdeutsche Medien am 10. Oktober 1989, von wo die Leipziger Demonstrationen in die Welt hinaus-, vor allem aber in die DDR zurückstrahlten. Schefke arbeitet bis heute als Fernsehredakteur beim Mitteldeutschen Rundfunk. Radomski ist Geschäftsführer der Berlintapete GmbH.

Mit dem "Preis für die Freiheit und Zukunft der Medien" ehrt die Medienstiftung der Sparkasse Leipzig seit 2001 jährlich Journalisten, Verleger und Institutionen, die sich mit hohem persönlichem Einsatz für die Freiheit und Zukunft der Medien engagieren. Der Preis soll auch die Erinnerung an die friedliche Revolution in Leipzig am 9. Oktober 1989 wach halten: Damals forderten die Demonstranten "eine freie Presse für ein freies Land".


Preisträger:
2014 - Preis für die Freiheit und Zukunft der Medien
2014 - Preis für die Freiheit und Zukunft der Medien
2014 - Preis für die Freiheit und Zukunft der Medien
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