Kamingespräch mit Herbert Riehl-Heyse

"Die schönsten Jahre im Printjournalismus sind vorbei"

Herbert Riehl-Heyse über den Status Quo der Tageszeitungen & Rudolf Augstein

Die Medienstiftung der Sparkasse Leipzig veranstaltet gemeinsam mit dem Institut für Kommunikations- und Medienwissenschaften der Universität Leipzig in loser Folge Kamingespräche mit namhaften Medienvertretern. Ein erstes Kamingespräch fand im Sommer mit Dr. Thomas Leif, Chefreporter des Südwestrundfunks statt. Fortgesetzt wurde die Vortragsreihe am 14. November 2002 mit Dr. Hans Leyendecker und am 28. November 2002 mit Herbert Riehl-Heyse.

Von Sebastian Heinisch und Christian Maleike

Er selber sagt, er schreibe subjektiv wahrhaftig. Als Journalist die Wahrheit zu schreiben, hält Herbert Riehl-Heyse für unmöglich. Der SZ-Journalist, Lesern durch seine Reportagen auf der "Seite Drei" bekannt, war am 28. November 2002 Gast in der Villa Ida der Medienstiftung der Sparkasse Leipzig. Im Dialog mit Studenten, Wissenschaftlern und Medienschaffenden der Region sprach Riehl-Heyse über Rudolf Augstein, den SPIEGEL und die aktuelle Medienkrise. Der 1940 in Oberbayern geborene Riehl-Heyse studierte Jura und ist seit 1968 Journalist. Für seine Arbeit hat er diverse journalistische Auszeichnungen erhalten, u. a. den Theodor-Wolff-Preis, den Egon-Erwin-Kisch-Preis und den Medienpreis des Deutschen Bundestages.

Riehl-Heyse kannte Augstein aus mehreren persönlichen Gesprächen. "Einmal hat er mir den Posten des SPIEGEL-Chefredakteurs angeboten, die Nachfolge von Erich Böhme. Ich habe seinerzeit abgelehnt", erinnert sich Herbert Riehl-Heyse, der mit "Götterdämmerung. Die Herren der öffentlichen Meinung" auch ein Buch über die aussterbende Spezies der Medientycoons geschrieben hat. Im Zuge der Recherchen zum Buch traf er sich auch mit Rudolf Augstein in Hamburg und entdeckte dessen - auch physiognomische - Ähnlichkeiten zu Augsteins "Erzrivalen" Franz Josef Strauss.

Die Frage, ob mit Augsteins Tod eine journalistische Kultur zu Ende geht, verneint Riehl-Heyse. "Aber die Art der 'Journalistenverleger' stirbt aus." Heutige Verleger seien aus seiner Sicht nur noch Manager, die meist aus journalismusfremden Branchen stammen. "Ich will keine Dachpappenverkäufer, sondern kaufmännische Verleger, die ihr Produkt auch lieben", fordert Riehl-Heyse. Bei der Autorenzeitung SZ fühle er sich deshalb bestens aufgehoben.

Unter der aktuellen Medienkrise leide auch die journalistische Qualität eines Blattes. Dabei sei eine gute Tageszeitung die letzte Klammer, welche die Gesellschaft zusammenhält. "Die Stimmung bei der Süddeutschen Zeitung ist so schlecht wie nie zuvor". Ein Grund dafür seien die dramatischen Verluste bei den Anzeigenerlösen. So habe die SZ im Jahr 2001 58 Prozent weniger Stellenanzeigen verbucht als 2000. "Die schönsten Jahre des Printjournalismus sind definitiv vorbei." Heute würde er zögern, jungen Menschen zum Journalistenberuf zu raten.