Preisträger 2004: Journalisten helfen Journalisten e. V.

Journalisten helfen Journalisten 1Journalisten helfen Journalisten e. V.

setzt sich für in Not geratene, an ihrer Arbeit gehinderte, misshandelte Kollegen und die Hinterbliebenen getöteter Journalisten ein.

Die Organisation Journalisten helfen Journalisten erhielt den Medienpreis für ihren mutigen und selbstlosen Einsatz für die Pressefreiheit, für in Not geratene, an ihrer Arbeit gehinderte, misshandelte Kollegen oder die Hinterbliebenen getöteter Journalisten. Der gemeinnützige Verein wurde 1993 von Christiane Schlötzer-Scotland gegründet.

"Wir haben uns geirrt. Leider." Es ist ungewöhnlich, wenn ein Verein seinen zehnjährigen Geburtstag so kommentiert. Die Mitglieder von "Journalisten helfen Journalisten" taten es im vergangenen Jahr trotzdem.

"Wir dachten und hofften, dass die Existenz des Vereins nur von kurzer Dauer sein würde", heiß es in Erinnerung an die Gründung 1993. "Wir wollten einigen in Not geratenen Kollegen mit materiellen Spenden unsere Unterstützung zusichern." Es waren vor allem Münchner Journalisten, die schnell und unbürokratisch helfen wollten, als in Ex-Jugoslawien Krieg ausbrach. In München befindet sich auch das "Basislager" des Vereins, das Carl W. Macke organisiert.

Die Vereinsgründerin Christiane Schlötzer-Scotland spricht von einem "Auftrag der Verzweiflung", der sie damals antrieb. Ihr Ehemann Egon Scotland war gerade während seiner Recherchen für die Süddeutsche Zeitung im damaligen kroatischen Krisengebiet von einem Heckenschützen ermordet worden. Sein Tod verdeutlichte, dass die Zeiten der Immunität für Journalisten in Konfliktgebieten vorüber waren. Über 800 Journalisten wurden in den letzten 15 Jahren wegen ihrer Arbeit getötet, mehrere hundert werden weltweit jährlich inhaftiert, viele gefoltert. Die westlichen Medien berichten meist nur von spektakulären Einzelfällen während jener Kriege, in die der Westen direkt verstrickt ist - obwohl die meisten Journalisten nicht bei Kampfhandlungen sterben, sondern als Vergeltung für ihre Berichterstattung getötet werden. Meist geschieht das in den Krisenregionen, die die Weltöffentlichkeit nicht mehr beachtet. Gegen dieses Vergessen setzt sich "Journalisten helfen Journalisten" ein. Inzwischen zählt der Verein mehr als 100 Mitglieder in Deutschland, Italien und Österreich. Für den Vorsitzenden Roman Arens sind diese gleichzeitig das Kapital der Gruppe: Nicht Finanzstärke ist ihr Vorteil, sondern das unbürokratische Netzwerk von Kollegen. So kann den unterstützten Journalisten zur Publikation in deutschsprachigen Medien verholfen werden, können Kontakte vermittelt oder Sachspenden bei einer Recherchereise mitgenommen und übergeben werden. "Wir wissen einfach wie Journalisten arbeiten", sagt Schlötzer-Scotland. "Und wir wollen keine Almosen geben, sondern unsere Solidarität zeigen. Aber eben nicht nur mit schönen Worten, sondern mit direkter kollegialer Hilfe."

Die Gruppe greift zu, wo es keinen offiziellen Hilfsweg gibt. Für einen jungen Reporter aus Sarajevo sammelte sie das Geld für eine Nierentransplantation, bedrohten Kollegen hilft sie bei der Flucht aus Konfliktgebieten, jüngst aus Afghanistan, Iran und Tadschikistan. Unabhängige Zeitungsgründer im Irak erhielten eine spontane Anschubfinanzierung. Die kürzlich von Amnesty International ausgezeichnete bosnische Zeitschrift "Start" überlebte nicht zuletzt durch "Journalisten helfen Journalisten". Dass man von den Projekten des Vereins selten hört oder liest, hängt nicht nur damit zusammen, dass sich der Verein als kleine schnelle Eingreiftruppe versteht. Auch die Art und Weise, wie der Verein hilft, funktioniert eher leise und ohne großen Medienrummel. So liegt ein Schwerpunkt der Vereinsarbeit auf der Betreuung der Familien getöteter Journalisten. Anders als gehofft, nahmen gerade seit der Vereinsgründung Krisen, Kriege und Tragödien weiter zu. "Der Verein", sagen die Journalisten deshalb über sich selbst, "ist heute notwendiger denn je." Und haben damit recht - leider.


Preisträger:
2004 - Preis für die Freiheit und Zukunft der Medien