Gründungsaufruf für Europäisches Zentrum für Pressefreiheit in Leipzig unterzeichnet - Pressemitteilung zur Podiumsdiskussion 13.10.2011

Mehr Rechte und Schutz für Journalisten

Gründungsaufruf in Leipzig: Internationale Journalisten und Medienstiftung Leipzig bringen Europäisches Zentrum für Pressefreiheit voran

LEIPZIG. In Leipzig haben heute (13. Oktober) namhafte Journalisten einen Gründungsaufruf für ein Europäisches Zentrum für Pressefreiheit unterzeichnet. Initiiert hat den Aufruf Hans-Ulrich Jörges, Mitglied der Chefredaktion des Stern, zum Abschluss einer Podiumsdiskussion der Medienstiftung der Sparkasse Leipzig. Diese hat bereits ihre Unterstützung zugesichert; sie würde die Infrastruktur ihrer Stiftung zur Verfügung stellen.

Wie notwendig eine solche unabhängige Anlaufstelle ist, die sich für die Rechte von Journalisten einsetzt, haben die diesjährigen Träger des "Preises für die Freiheit und Zukunft der Medien" plastisch geschildert: der tunesische Fernsehjournalist Fahem Boukaddous, der russische Enthüllungsjournalist Oleg Kaschin und der ARD-Reporter Stefan Buchen haben den Preis der Medienstiftung der Sparkasse Leipzig für ihre mutige, authentische und engagierte Berichterstattung erhalten. Sie haben am eigenen Leib Unterdrückung und Einschüchterung erlebt. Fahem Boukaddous landete im Gefängnis, Oleg Kaschin wurde brutal zusammen geschlagen. Auch Michael Rediske, Vorstandssprecher von Reporter ohne Grenzen und ebenfalls Teilnehmer der Diskussion, berichtete von schlimmen Repressalien gegen Kollegen. Ivan Montik, Journalist aus Weißrussland, beklagte auf dem Podium, dass es nach den jüngsten Wahlen in seinem Land quasi keine freie Medienbewegung mehr gebe. Kay Oberbeck, Unternehmenssprecher von Google, bestätigte den Trend nach mehr Zensur - auch in Westeuropa. Bei Google häuften sich Anfragen von Regierungen und Behörden nach Herausgabe von Nutzern und Sperrung von Websites.

Die Podiumsdiskussion mit dem Titel "Lasst den Preisen Taten folgen - ein Zentrum für die Pressefreiheit" resultiert aus einem Vorschlag von Hans-Ulrich Jörges, der im vergangenen Jahr die Idee eines Europäischen Pressezentrums hatte. Er engagiert sich seit Langem für einen intensiveren Schutz von Kollegen. Dafür hat er bereits 2009 eine Europäische Charta für Pressefreiheit initiiert und diese gemeinsam mit 47 Chefredakteuren und leitenden Journalisten aus 34 Staaten auch beschlossen und unterzeichnet. Die Charta mit zehn Grundsätzen für die Freiheit der Medien gegenüber staatlichen Eingriffen liegt der Kommission der Europäischen Union in Brüssel sowie dem Europarat in Luxemburg vor. Was noch fehlt, ist eine Instanz, die diese Grundsätze überwacht und durchsetzt: ein Zentrum für Pressefreiheit. Für Hans-Ulrich Jörges stellt die Medienstiftung der Sparkasse Leipzig eine einmalige Organisation dar, die sich vorbildlich für die Freiheit der Medien engagiert. Auch Leipzig sei als Stadt der Freiheit ein optimaler Standort, da sie gleichermaßen nach Osten und Westen schaue. Ein solches Zentrum brauche jedoch ein starkes Netzwerk mit starken Partnern.

Fahem Boukaddous hat in Tunesien nach dem Umsturz in diesem Frühjahr bereits ein nationales Zentrum für Pressefreiheit gegründet. Er verfolgt damit drei Ziele: Erstens die Politik genau zu beobachten, zweitens Journalisten professionell auszubilden und drittens Gesetze auf den Weg zu bringen, die Journalisten in seinem Land ein freies Arbeiten ermöglichen. Moderator Hans-Ulrich Jörges lobte dieses Projekt als beispielhaft für Europa.

Als Fazit der Podiumsdiskussion fasste der Moderator zusammen: Alle Teilnehmer halten ein europäisches Zentrum für Pressefreiheit für notwendig. Sie definierten drei zentrale Aufgaben und eine Voraussetzung.

Das Zentrum sollte
1. die Politik mobilisieren, damit sie bei internationalen Beziehungen der Pressefreiheit eine höhere Bedeutung zumisst.
2. für Journalisten ein gut geschütztes Netzwerk schaffen, in dem sie sich ohne Angst vor Bedrohung austauschen und umeinander kümmern können.
3. mit vorhandenen Organisationen eng kooperieren, um die gesamte Energie und Kraft zu bündeln.

Voraussetzung für ein solches Zentrum - auch darin waren sich die Teilnehmer einig - sei ein finanziell langfristig tragbares Konzept.

Die Podiumsteilnehmer formulierten folgenden Gründungsaufruf: "Wir, die Preisträger und Podiumsgäste 2011 der Leipziger Medienstiftung rufen anlässlich der 11. Verleihung des 'Preises für die Freiheit und Zukunft der Medien' zur Gründung eines europäischen Zentrums für Pressefreiheit (EZP) auf, das sich der Aufgabe widmen soll, die Journalisten des Kontinents vor Zensur und Bedrohungen jeder Art zu schützen. Leipzig als Stadt der Freiheit und der Medien ist dafür der geeignete Ort."