Erich Loest zum 100. - Erich-Loest-Preis 2026

Erich-Loest-Preis 2026 geht an Durs Grünbein.

Leipzig, der 26. November 2025. Anlässlich des 100. Geburtstages von Erich Loest am 24. Februar 2026 verleiht die Medienstiftung der Sparkasse Leipzig den Erich-Loest-Preis 2026. Die Jury hat den Preis dem Schriftsteller und Georg-Büchner-Preisträger Durs Grünbein zugesprochen. Der von der Medienstiftung der Sparkasse Leipzig im Andenken an den am 12. September 2013 verstorbenen Leipziger Schriftsteller und Ehrenbürger Erich Loest ins Leben gerufene Preis ist mit 10.000 Euro dotiert und wird zum sechsten Mal verliehen. Die Preisverleihung an Durs Grünbein wird am 24. Februar 2026 im Mediencampus Villa Ida in Leipzig stattfinden. Die Laudatio hält Bundespräsident a. D. Joachim Gauck.

"Die Bedeutung von Durs Grünbein als zeitgenössischer Autor lässt sich allein daran ablesen, dass er für sein dichterisches Werk bereits mit gerade einmal 33 Jahren den Georg-Büchner-Preis erhalten hat", erklärt Stephan Seeger, Geschäftsführender Vorstand der Medienstiftung und Direktor Stiftungen der Sparkasse Leipzig. "Die Jury hat vor allem das aktuelle Prosa-Schaffen Grünbeins in den Mittelpunkt ihrer Entscheidung gestellt und eine ganz hervorragende Wahl getroffen, mit der Erich Loests mehr als nur einverstanden gewesen wäre. Dafür danke ich der Jury auf das herzlichste und beglückwünsche unseren neuen Erich-Loest-Preisträger Durs Grünbein zu dieser hochverdienten Auszeichnung".

Die Jury unter Vorsitz von Andreas Platthaus würdigt Grünbein als Autor erzählender und essayistischer Prosa, die sich (auto-) biografischer Themen vor dem Hintergrund der gesamtdeutschen Geschichte annimmt, und hebt dabei die Arbeiten "Die Jahre im Zoo" (2017), "Jenseits der Literatur" (2020) sowie "Der Komet" (2023) heraus. In der Jurybegründung heißt es: "Grünbein erkundet das Zusammenspiel von Sprache, Fotografien, Gedächtnis und Fiktionen, bezogen auf das Trauma der Zerstörung seiner Geburtsstadt Dresden sowie auf die Mechanismen totalitärer Herrschaft und Gewaltgeschichte im 20. Jahrhundert. Grünbeins Blick auf die eigene und auf andere, oft randständige Lebensgeschichten, auf die materialen und psychischen Spuren des Vergangenen ist dabei niemals nur historisch orientiert, sondern erfolgt aus der Perspektive desjenigen, der auch die Unwägbarkeiten des Erinnerns mitdenkt und die politischen Verwerfungen und Vergiftungen der Gegenwart wach reflektiert." Grünbein zeige "im Sinne Loests und mit den Mitteln einer sinnlichen, unsentimentalen und kommunikativen Sprache [...], dass Freiheit und das Bewusstsein der Gegenwart von Geschichte zusammenhängen."

Zur Jury:

  • Andreas Platthaus (Juryvorsitz; Chef des Ressorts Literatur und literarisches Leben der Frankfurter Allgemeinen Zeitung)
  • Linde Rotta (freie Schriftstellerin)
  • Ines Geipel (Schriftstellerin und Professorin für Verskunst an der Berliner Hochschule für Schauspielkunst "Ernst Busch" sowie Erich-Loest-Preisträgerin 2023)
  • Dr. Katrin Schumacher (Redaktionsleiterin Literatur, Film, Bühne bei MDR Kultur)
  • Prof. Dr. Jobst Welge (Professor für Romanische Literaturwissenschaft an der Universität Leipzig)

Zum Preisträger:

Durs Grünbein wurde 1962 in Dresden geboren. 1985 zog er nach Ost-Berlin und begann ein Studium der Theaterwissenschaft. Schon 1987 brach er sein Studium ab und entschied sich für das Schreiben. Er beschäftigte sich autodidaktisch mit Quantenphysik und Neurologie, mit Philosophie, etwa Ludwig Wittgenstein, der Frankfurter Schule und den französischen Strukturalisten. Grünbein beteiligte sich außerdem bei verschiedenen Zeitschriften sowie Ausstellungs- und Verlagsprojekten.

1988 erschien Grünbeins erster Gedichtband "Grauzone morgens" im Suhrkamp Verlag. Die Texte aus dem Zeitraum von 1985 bis 1988 vermitteln in nüchternen Momentaufnahmen einen authentischen Eindruck des Lebensgefühls in den urbanen Zentren der DDR. 1991 folgte der viel beachtete Band "Schädelbasislektion", dessen Gedichtzyklen die Zeit vor, während und nach der Wende thematisieren. In "Falten und Fallen" (1994) setzt Grünbein sein poetisches Konzept der analytischen Lyrik zwischen Sprache und Physis fort.

In den Gedichtbänden der folgenden Jahre suchte Grünbein formal und thematisch verstärkt den Dialog mit großen Dichtern der Weltliteratur. So ist zum Beispiel "Vom Schnee" (2003) ein Porträt des Philosophen René Descartes in Form eines epischen Gedichts. Unter dem Eindruck seines Rom-Aufenthalts als Stipendiat der "Villa Massimo" entstand 2009 "Aroma - Ein römisches Zeichenbuch" als ein Kaleidoskop aus Gedichten und Prosabildern. 2022 erschien mit "Äquidistanz" sein mittlerweile zwölfter Gedichtband. Sein erster Roman "Komet" wurde 2023 veröffentlicht.

Grünbein veröffentlichte außerdem mehrere Essaysammlungen, zahlreiche Katalogbeiträge, ein Opernlibretto sowie Neuübersetzungen von Theaterstücken der Antike. Sein Werk wurde in mehrere Sprachen übersetzt. 1995 erhielt Grünbein den "Peter-Huchel-Preis" für Lyrik und, als bis dahin jüngster Autor, den "Georg-Büchner-Preis. 2003 wurde ihm als erstem Nicht-Philosophen der "Friedrich-Nietzsche-Preis" verliehen. 2009 erhielt er das "Große Verdienstkreuz mit Stern" der Bundesrepublik Deutschland. Durs Grünbein ist Mitglied der Akademie der Künste Berlin, der Deutschen Akademie für Sprache und Dichtung, der Freien Akademie der Künste in Hamburg, der Freien Akademie der Künste zu Leipzig und der Sächsischen Akademie der Künste. Seit 2005 ist er Professor für Poetik an der Kunstakademie Düsseldorf und seit 2008 Mitglied des Ordens "Pour le mérite" für Wissenschaft und Künste in Berlin. Grünbein lebt in Rom und Berlin.

Zum Preis:

Der mit 10.000 Euro dotierte Preis wird von der Medienstiftung der Sparkasse Leipzig im Andenken an den Schriftsteller Erich Loest seit 2017 vergeben. Im Regelfall erfolgt die Preisvergabe in zweijährigem Rhythmus. Diese Regel wird anlässlich des 100. Geburtstages Erich Loests mit einer zusätzlichen Preisverleihung durchbrochen. Erich Loest war den Stiftungen der Sparkasse zeitlebens eng verbunden - als Gründungsmitglied der Medienstiftung und als Mäzen der Kultur- und Umweltstiftung, der er seinen literarischen Nachlass übereignete. Der Preis würdigt Autoren, die die gesellschaftlichen und politischen Verhältnisse in Deutschland nicht nur beschreiben, sondern mit ihrer Stimme den demokratischen Diskurs mitgestalten. Zudem sollen die Preisträger dem mitteldeutschen Raum verbunden sein. Bisherige Preisträger waren Guntram Vesper (2017), Hans Joachim Schädlich (2019), Ulrike Almut Sandig (2021), Ines Geipel (2023) und Ronya Othmann (2025).


Preisträger:
2026 - Erich-Loest-Preis